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Der brennende Mann

Dies ist eine Abschrift des Tagebuchs von Cerwain, Tochter des Füsten von Ulgard.

Die, die hier gelebt haben mein Lord, sind tot,
aber das Gebäude, es lebt...

Es ist viele Jahre her, aber noch immer schrecke ich bei dem Gedanken an sein Gesicht aus dem Schlaf hoch.
Darum will ich nun seine Geschichte erzählen, damit die Geister der Vergangenheit endlich ruhen mögen.
Ich will euch von meinem Vater erzählen, von all dem, was ich verloren habe und von der Nacht, als uns der brennende Mann heimsuchte.

Sulvain schenkte mir immer Süßigkeiten und sein dunkles Lachen ertönte, wenn er zusah, wie ich darüber herfiel.
„Meine kleine Cerwain, findet ihr es nicht lustig, dass ein einfacher Soldat Honigfeigen in das Gemach einer Fürstentochter schmuggeln muss?“ Dann küsste er mich und seine Küsse waren süßer als tausend Honigfeigen.
Mein richtiger Vater war allerdings kein Fürst und ich auch nicht seine richtige Tochter.
Sulvain hatte allerdings nicht immer unrecht. Das Glück, das ich empfand, während ich mit ihm zusammenwar, war etwas einmaliges.
Mein richtiger Vater war in den Mooren der Hochplateaus umgekommen. Man munkelt, dass es mehr war als ein Unfall und nur zu gern schenke ich solchen Gerüchten glauben, da mein Vater wohl der nächste Than (so hiessen die Stammesfürsten Laskandors bevor es nur noch einen offiziellen Glauben gab) gewesen wäre.
Würde ich das hier nicht schreiben, niemand wüsste von dem Verdacht, denn meine Mutter hatte mir mit strengem Blick verboten über der Schicksal meines Vaters zu forschen.
Vor meinem Vater waren alle Männer unserer Linie Than gewesen. Mein Großvater war einer der mächtigsten unter ihnen und regierte unser Land zweimal zehn Sommer lang.
Nachdem also mein Vater gestorben war, lebte ich zusammen mit meiner Mutter und meinem jüngeren Bruder auf unserem Hof.
Mit Sicherheit hätte meine Mutter, gutmütig wie sie war, nachdem die Trauerzeit abgelaufen war jeden Mann, der an ihre Tür gepocht hätte, mit Wohlwollen betrachtet, wäre er auch ein einfacher Fischer gewesen.
Doch statt des Fischers kam ein Mann, der eine ganze Ära erzittern lies und sprach vor.

Sulvain sah mich jedes mal, wenn ich von meinem Stiefvater erzählte mit Begeisterung in den Augen an.
„Wie war er, wie ist es mit ihm bei Tisch zu sitzen?“
„Er ist auch nur ein Mann.“
Wie immer konnte ich nicht umhin, die Augen zu verdrehen, wenn Sulvain von meinem Stiefvater zu sprechen begann.
„Er muss deine Mutter sehr vermissen, sie haben sich sicher sehr geliebt.“
„Er hat sie überhaupt nicht geliebt“, wiedersprach ich wie immer und stand schmollend auf.
„Ach Cerwain, nun hab dich nicht so, er muss sie geliebt haben, sonst hätte er sich sicher längst eine neue Frau genommen.“
Ich zog es vor, ihn nicht auf die Mägde hinzuweisen, mit denen mein Stiefvater sich die Zeit vertrieb. Sollte er doch glauben, was er wollte.
Meine Mutter hatte mir einmal gesagt, dass es gewesen sei, als wären die Herrscharen der Götter auf die Erde gekommen, als mein Stiefvater mit seinem Hofstaat eintraf.
Zuerst waren die Menschen unseres Landes wenig beunruhigt über den neuen Herrscher, doch das Gemurmel wurde lauter, als mein Stiefvater verkündete, die Burgruine, die sich inmitten der Ebene erhob wieder zu errichten und zu bewohnen.
Die riesige Festung Ulgard schaute seit anbeginn der Zeiten (oder zumindest seit ich denken konnte) auf unser Land herab und wurde, so sagten es zumindest die Alten, immer nur von Geistern und bösen Dämonen bewohnt.
Mein Stiefvater jedoch gab nichts auf diese Geschichten und zusammen mit Arbeitern lies er die Festung in neuem Glanz erstrahlen.
Es muss auch zu dieser Zeit gewesen sein, als er die alten Gewölbe unter Ulgard entdeckte.

Meine Mutter zog nur mit schwerem Herzen aus dem Dorf in die einsame Festung hinauf und ich glaube dass es auch eine Art von Trauer war, die sie langsam verwelken lies.
Ich hatte immer den Eindruck, dass sie durchscheinend zu werden schien.
Der Fürst indessen lies es uns an nichts mangeln und vielleicht hatte Sulvain, auch wenn ich es nicht wahrhaben möchte, nicht ganz unrecht, dass meine Mutter geliebt wurde.
Uns Kindern brachte der Fürst jedoch immer nur eine distanzierte, emotionslose Höflichkeit entgegen und es wurmte ihn sicherlich, dass meine Mutter von ihm kein Kind empfangen konnte.
Immer häufiger beobachtete ich ihn dabei, wie er des nächtens in „seine“ Gewölbe hinabstieg.
Eines Nachts erwischte er mich dabei, wie ich ihm zu folgen versuchte und ich glaube, ich hatte nie in meinem Leben eine solche Angst, wie zu diesem Zeitpunkt.
Er sagte kein Wort, aber die Schelle, die er mir verpasste, brannte eine Woche feuerrot auf meiner Wange.
Ich kann eigentlich nicht behaupten, dass man Stiefvater ein ungerechter Mann war, er war nur sehr hart zu uns, wie auch zu sich selbst.
Nach dieser Nacht, die ich dann auch wie ein verschrecktes Kaninchen zwischen meinen Laken verbrachte, versuchte ich meinem Ziehvater aus dem Weg zu gehen.
Vielleicht war das auch der Grund, warum Sulvain von mir kaum ein nettes Wort über diesen ach so mächtigen Mann vernahm.

Im Herbst des darauffolgenden Jahres trafen fremde Druiden in der Festung ein. Sie gehörten einer Sekte aus dem Süden an und anstelle den unheimlichen Gestalten die Tür zu weisen, entschied sich der Burgherr dazu, sie immer näher an sich heran zu lassen.
Bald schon waren ihre Lehren, die von Verdammnis und Tod für alle Ungläubigen lebten, ein fester Bestandteil unseres Lebens.
Ihr Anführer, ein Mann namens Gerold, dessen Visage aussah, als hätte er sich vorher seine Taler als Schläger verdient, wich nicht mehr von der Seite meines Ziehvaters.
Auch verbrachte er nun ganze Tage in seinen Gewölben, in die er nur die Priester mitnahm.
Wir Kinder hatten dort nichts verloren.
Das Land, das unter seiner Herrschaft erst erstarkt war, verwarloste in all den Jahren die folgten immer mehr und auch wenn ich versuchte, den Menschen zu dienen, wie es einst mein Vater tat, so konnte auch ich den Lauf der Dinge nicht mehr aufhalten.
„Cerwain, meinst du, der Fürst kommt nocheinmal zu uns ans Tageslicht?“ fragte mich mein Bruder öfters, wenn er von der Jagd heimkam.
„Ich weiss es nicht, er hat sich seit Tagen nicht blicken lassen.“
Niedergeschlagen wandte er sich dann ab, hatte er doch gehofft, von dem Ruhm, der den Fürst immer noch umgab für seine Zukunft zehren zu können.
Gerold der dunkle Druide war der einzige, der noch zu meinem Ziehvater durfte, als sich dieser endgültig in seinen Katakomben einschloss.
Was auch immer diese Priester mit meinem Ziehvater anstellten, es endete mit dem Tod des Fürsten.
Das einzige, was ich hier zu berichten weiss, ist, dass sein Leichnam eines Tages auf dem Thron gefunden wurde, blass und ausgezerrt und mit einem Ausdruck in den Augen, der mich erschreckte.

Sulvain versuchte mich aufzuheitern und eigentlich wusste ich nicht genau, ob ich mich der Trauer anschliessen sollte, die sich in der Burg breit machte, hatte der Fürst doch der Heirat mit einem einfachen Soldaten immer im Wege gestanden.
Also älteste Tochter erbte ich alle seine Pfründe und hätte im Grunde soglos leben können.
Doch die Priester verliessen auch nach dem Tod des Fürsten die Burg nicht.
Sein Leichnam wurde aufgebahrt und wir verbrachten drei Tage in stiller Trauer an seinem Totenbett.
Am vierten Tag sollte er wie alle seine Vorfahren auf einem Scheiterhaufen, der im Burghof errichtet worden war, verbrannt werden.
Wir alle hatten uns bei Sonnenuntergang im Burghof versammelt und es oblag mir und meinem Bruder, das Holz zu entzünden.
Sanft züngelten die ersten Flammen an dem Holz hoch und leckten schliesslich am Festgewand des letzten großen Herrschers über Ulgard.
Ich zwang mich dazu hinzusehen, wie das Feuer seine Haare fraß und ihn schliesslich ganz einhüllte.
Was dann geschah vermag ich kaum in Worte zu fassen, denn Schrecken und Entsetzen sind das einzige, was ich empfinde, wenn ich an den Moment denke, in dem sich der Fürst wie ein flammender Dämon vom Scheiterhaufen erhob und auf uns zuwankte.
Sein Gesicht glich einer glühenden Fratze, als er auf den Priester Gerold zuschritt und mit kreischender Stimme rief: „Verrat, du hast mir....ewiges Leben versprochen...So viel habe ich dir geopfert!“
Gerold, der feige Hund lief um sein Leben, doch die meisten Menschen blieben erstarrt an ihrem Platz und der brennende Mann lief unter sie, einer Fackel gleich, deren Feuer die Kleidung entzündete.
Ich weiss noch, wie mein Liebster vor ihm stand und ungläubig seinen Herren ansah, bis dieser ihn ergriff.
Sein Gesicht, ach sein Gesicht, es zerfloss unter der Umarmung des Fürsten und meine Hände, die versuchten mein Leben, alles, auf das ich so lange gewartet hatte aus den Klauen dieses Monsters zu entreissen, sie verbrannten, wie mein Haar.
Ich bin entstellt, jede Narbe eine Erinnerung an die Geschehnisse dieser Nacht, an das Monster, das der Glauben an einen finsteren Gott erschaffen hatte.
Wie ich dem Inferno entkam, ich weiss es nicht. Mein Bruder erzählte mir später, wie er mich aus den Flammen zerrte und mich pflegte, meinen Körper und meine Seele.
Sulvain...Du fehlst mir.

Monate später kehrte ich nach Ulgard zurück, verborgen unter einer Kapuze, die meinen grausigen Anblick verbergen sollte.
In den Ruinen der Festung suchte ich nach dem Eingang zu den Katakomben und nach Antworten über das grausige Schicksal des Fürsten.
Der Eingang war fast verschüttet, aber ich fand ihn und stieg hinab in die Dunkelheit.
Lange folgte ich den verschlungenen Gängen immer tiefer in den Berg.
Ich fand ihn, den Fürsten, eingehüllt in Flammen in einem Raum voller verbrannter Leichen, er stand nur da und hielt mit etwas, was ein Schatten an der Wand zu sein schein leise Zwiesprache. Überall waren alte Zeichen aus vergangener Zeit eingeritzt und wie erstarrt blickte ich auf diesen grauenvollen Ort.
Lange stand ich so da und schliesslich wandte ich mich leise ab und schlich erst, um dann immer schneller zu werden und schliesslich so lange und so weit zu rennen, dass jeder Atemzug zu einem Dolch in meinen Lungen wurde.
Der Fürst, mein Ziehvater, der Mann, der so voll Stärke war war zu einem Opfer seiner eigenen Macht geworden und hatte seine Seele verkauft und die hunderter Anderer dazu, um ewig zu leben.