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Der Draug

In Nordgart lebte einst ein Fischer, den man Hörgwardt nannte zusammen mit sein Frau Isgrun, die vor der Heirat in der Burg als Magd gearbeitet hatte.
Hörgwardt erbaute die kleine Hütte, in der sie lebten eigenhändig und fuhr seit einigen Sommern mit den Nordgarter Fischern hinaus auf das stürmische Nordmeer.
Das kleine Fischerdorf war einsam gelegen und immer wieder hörte man Spukgeschichten unter den Leuten.
Auch Isgrun vernahm manchmal, wenn ihr Mann zur See war schauerliche Geräusche, die ihr nichts Gutes zu verheissen schienen.
Jedes Jahr hatte Isgrun ein Kind geboren und von den sechs Kindern waren dem Paar noch vier geblieben, während die anderen einen frühen Tod fanden, so wie es in diesen Zeiten nicht unüblich war.
Hörgwardt arbeitete hart und nach einigen Jahren hatten die fleissigen Leute einige Münzen beiseite legen können, so dass Hörgwardt sich in der Lage fühlte, ein eigenes Boot zu kaufen.
Als er eines Tages mit der Harpune auf Robbenfang war (heute hat kaum ein Mann mehr eine zu Gesicht bekommen), stiess er im Schutze einiger Felsen auf ein mächtiges Tier, das wohl in diesem Augenblick ebenso überrascht war, wie er selber.
Hörgwardt zögerte nicht lange und schleuderte seine Harpune, die die Robbe im Nacken traf.
Was darauf folgte war ein Kampf, wie man ihn nicht alle Tage zu sehen bekam. Riesenhaft bäumte sich die Robbe auf und sah den Fischer mit einem gehässigen Grinsen aus blutunterlaufenen Augen an.
Schließlich stürzte sie sich in einer Mischung aus Blut und Gischt ins Meer.
Auch wenn Hörgwardt den Vorfall bald vergessen hatte, so erinnerte er sich daran, als er eines Nachts, einige Monate später bei seinen Netzen ein bleiches Gesicht erblickte, dass ihn an die Züge der Robbe erinnerte. Als er nachschauen wollte, war das Gesicht allerdings verschwunden.
Hörgwardt meinte noch aus dem Rücken des Wesens einen eisernen Dorn herausragen zu sehen.
Der Sommer kam erneut und endlich rückte das neue Boot in greifbare Nähe.
Als der Fischer mit einigen Kameraden zum nächsten Dorf ruderte hörte er noch eine Stimme rufen: „Du sollst dich hüten Hörgwardt, wenn du dir dein neues Boot angeschafft hast!“
Keiner der Kameraden hatte das Rufen vernommen und so schrieb Hörgwardt auch diesen Vorfall seiner Einbildung zu.
Einige Tage später stach Hörgwardt mit seiner Familie zum ersten Mal mit seinem neuen Boot in See.
Das Wetter meinte es gut mit ihnen und sanft durchschnitt das neue Boot die Wellen.
Als die Sonne langsam dem Horizont zustrebte, wendete Hörgwardt das Boot und machte sich mit gutem Fang gen Heimat auf.
Auf halber Strecke stellte sich jedoch heraus, dass das neue Boot gleich auf der Jungfernfahrt auf eine harte Probe gestellt würde.
Schon bald war der Himmel mit schwarzen Wolken bedeckt und die Gischt peitschte der Familie um die Ohren.
Hörgwardts ältester Sohn saß an der Pinne und jeder musste mit anpacken, um das Boot auf Kurs zu halten.
Nach einiger Zeit bemerkte der Fischer ein Boot, dass ihnen mit ebenfalls gerefften Segeln in einigem Abstand hinterherjagte, so als wolle es mit ihm um die Wette fahren.
Gerne nahm der mutige Fischer die Herausforderung an und so durchpflügten die beiden Boote bald in halsbrecherischer Geschwindigkeit die hohen Wellen.
Ein großer Brecher beendete jedoch jäh das Wettrennen und das Schreien seiner Frau erreichte die Ohren Hörgwardts. „ Mithras steh uns bei, die See hat Wulf und Annegret genommen!“
„Lass nicht los, Isgrun, sonst verlierst du noch mehr!“ war alles, was der Fischer antwortete.
Dann reffte er die Segel noch mehr und lies das andere Boot näher heran, gegen das er mittlerweile eine gründliche Abneigung aufgebaut hatte.
Unter ihrer Ölkleidung schienen die Männer wie Geister und kein Laut drang von dem fremden Boot in Hörgwardts Ohren.
Etwas luvwärts näherte sich dem Boot ein neuer Wellenkamm und so musste Hörgwardt sich vorbereiten, auch diesem die Stirn zu bieten.
Als es vorbei war, saß sein ältester Sohn nicht mehr an der Pinne und mit Schrecken vernahm der Fischer die Todesschreie seiner Frau, die in den dunklen Fluten verschwand.
Nur einen Sohn hatte das Meer ihm nunmehr gelassen und zu zweit versuchten sie das Boot auf Kurs und über Wasser zu halten.
Nach einer Weile kam das andere Boot wieder in Sicht und nun konnte Hörgwardt deutlich den eiserenen Dorn sehen, der dem Kapitän aus dem Rücken ragte.
Da wusste der Fischer, dass es sich um niemand anderen als einen Draug handeln konnte, der ihn mit seinen Spielchen ins Verderben lockte.
„Da geht dein Boot dahin Hörgwardt“, ertönte es vom Boot des Draug und eine Wellenwand tauchte vor Vater und Sohn auf.
Schnell hieß der Fischer seinen Sohn sich an den Mast zu klammern.
Als sie wieder aus den Fluten auftauchten, war der Sohn verschwunden und nur noch Hörgwardt kämpfte um sein Leben.
Mit Schrecken stellte er fest, dass die Mannschaft auf dem anderen Schiff größer geworden war und er meinte die bleichen Gesichter seiner Söhne zu erkennen, die mit toten Augen zu ihm hinübersahen.
Da wusste Hörgwardt, dass er den Segen Mithras verloren hatte und entschuldigte sich lautlos, bevor er sich dem Meer empfahl und den Mast loslies.
Still versank er in der See und der Draug wendete sein Boot.
Man sagt, dass man in stürmischen Nächten noch immer das Geisterboot des Draug sehen kann, mit Hörgwardt als Steuermann, denn die Seelen, die der Draug holt, die lässt er nicht mehr gehen.