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Der Rattenkönig

Undatierte mündliche Überlieferung eines Unbekannten.

Ich war sechs oder sieben Jahre alt, als die Rattenfänger mit ihren Terriern in unser kleines Dorf kamen. Sie waren finstere und schmutzige Gesellen und jedem in der Gemeinde war klar, dass sie nichts Gutes im Schilde führen konnten. Aber die Rattenplage, die über das Dorf gekommen war, zwang den Bürgermeister dazu, zu handeln. Immerhin war die Ernte in Gefahr und das Überleben des ganzen Dorfes stand auf dem Spiel. So errichteten die Dorfbewohner eine kleine Hütte am Rand des Dorfes, in der die Rattenfänger leben sollten, bis die Rattenplage beseitigt wäre. Man hatte sich darauf geeinigt, zwanzig Kupferstücke für jeden Rattenschwanz zu bezahlen, den die Rattenfänger abliefern würden.
Am Anfang schien die Jagd auf die Ratten gut zu laufen und die Lage auf den Feldern wurde zusehends besser. Mit den Rattenfängern indes wollte niemand etwas zu tun haben, denn wenn auch die Dorfbewohner nicht unbedingt als feine Menschen durchgingen, war man doch froh, in den Rattenfängern jemanden zu haben, auf den man noch herabblicken konnte. Immer waren sie dreckig und stanken nach Ratten, Schmutz und Gift. Nach etwa einem Jahr waren sie zwar ein vertrauter Anblick, aber die Leute sprachen nur das allernötigste mit ihnen und das auch nur sichtlich ungern.
Die Rattenfänger selber begannen, immer apathischer und wortkarger zu werden und lieferten immer weniger Rattenschwänze ab. Im Dorf dachte man sich nichts weiter dabei und war im Gegenteil froh, dass es offenbar weniger Ratten gab, die die Ernte gefährdeten.

Eines Tages überlegte ich mir mit einem Freund eine Mutprobe. Wir wollten die Hütte der Rattenfänger durchsuchen, wenn sie auf den Feldern unterwegs wären. Es war uns ein leichtes in die Hütte einzudringen, aber bis auf Fallen und einige Beutel mit Gift fanden wir dort nichts. Enttäuscht wollten wir schon wieder nach Hause gehen, als mein Freund eine Luke im Boden entdeckte. Wir zündeten eine Öllampe an, die wir mitgebracht hatten und stiegen die Treppe hinab in den Keller der Hütte. Was wir dort sahen erschreckte uns sehr. Überall in den Erdwänden waren Rattenlöcher, als wäre der Keller der Hütte das größte Rattennest von ganz Amhran. Noch schlimmer aber war, was wir genau in der Mitte des Kellers sahen. Mehr als zwei dutzend an den Schwänzen zusammengebundene Ratten lagen dort in einem großen Knäuel auf dem Boden und verhielten sich völlig ruhig, so dass wir zuerst dachten, sie wären tot. Ohne das wir wussten warum, hielten wir es für das Beste einfach wieder zu gehen und nie mehr ein Wort darüber zu verlieren, was wir gesehen hatten.
Zwei Monate später häuften sich die Nachrichten aus umliegenden Dörfern, dass dort Kinder verschwunden seien und die Stadtwache aus Löwenstein hatte einige Männer ausgeschickt, um der Sache nachzugehen. Als auch mein Freund, mit dem ich damals die Hütte der Rattenfänger untersucht hatte verschwand, kamen die Soldaten auch in unser Dorf und befragten die Leute. Von den beiden Rattenfängern hatte schon seit einer Woche niemand mehr etwas gesehen und so beschloss man, ihre Hütte zu durchsuchen. Auf dem Weg dorthin wurden die Soldaten von einigen Dorfbewohnern begleitet, die das Verhalten der Rattenfänger sowieso seltsam fanden und auch ich mogelte mich irgendwie mit. In der Hütte fand man neben fast drei dutzend Kinderleichen auch die beiden Rattenfänger, die apathisch in einer Ecke saßen. Bis zu ihrer Hinrichtung sprachen sie kein einziges Wort und machten auch sonst keine Anstalten, irgendwie auf ihre Ergreifung oder die Leute im allgemeinen zu reagieren.
Die Luke im Boden und der gesamte Kellerraum allerdings waren verschwunden.